Der Weg zur Umweltbildungsstätte Oberelsbach

Auf Antrag der Länder Bayern, Hessen und Thüringen hat die UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur) im Jahr 1991 die Rhön als Biosphärenreservat im Rahmen des internationalen Programms „Man and Biosphere“ (MAB) anerkannt.

Zentraler Anlass für Antragstellung und Anerkennung waren Eigenart, Vielfalt und Schönheit der Kulturlandschaft Rhön, deren internationaler Rang damit ausgezeichnet wurde.

Nach dem MAB-Programm haben UNESCO-Biosphärenreservate vier wesentliche Aufgaben zu erfüllen:

  • Schutz der natürlichen Ressourcen und des kulturellen Erbes eines Gebietes
  • Modellhafte nachhaltige Entwicklung des Gebietes zusammen mit den darin lebenden Menschen
  • Bildung für nachhaltige Entwicklung für alle Altersstufen und Bevölkerungsschichten
  • Anwendungsorientierte Forschung und langfristige Umweltbeobachtung

Der frühere Bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber forderte bei der Eröffnung des Hauses zur Wildnis im Nationalpark Bayerischer Wald, dass jedes bayerische Schulkind einmal in seinem Schulleben einen Nationalpark besucht haben sollte.

Anlässlich der Eröffnung der Infostelle Schwarzes Moor durch den damaligen Staatsminister Dr. Werner Schnappauf am 06.04.2006 regte der Vorsitzende des Naturparks und Biosphärenreservats Bayerische Rhön e. V. (NBR e. V.), Landrat Thomas Habermann, an, das Biosphärenreservat Rhön ebenfalls in dieses Programm der Staatsregierung „Schülerinnen und Schüler in die Bayerischen Nationalparke“ aufzunehmen.

Während eines Besuchs des Umweltausschusses des Bayerischen Landtags am 14. und 15.06.2007 hat Bürgermeisterin Birgit Erb, Markt Oberelsbach, das Projekt „Grünes Klassenzimmer“ vorgestellt und ausschließlich Zustimmung und Unterstützung durch die Abgeordneten erfahren, mit dem Ergebnis, dass der damalige Ausschussvorsitzende Henning Kaul, den Ministerpräsidenten gebeten hatte, das Projekt zu unterstützen.

So pädagogisch sinnvoll ein solches Projekt auch sein mag und so drängend die Fragen des ethisch verantwortungsvollen Umgangs mit der Schöpfung sind, so wichtig ist es, für ein derartiges Projekt ein gesichertes finanzielles Fundament zu schaffen und nachhaltig zu verankern.

Krise als Chance

begreifen, damit zukunftsfähig umzugehen, positive Effekte zu entwickeln, war der Schlüssel für die Realisierung der neuen Umweltbildungsstätte in Oberelsbach.

Denken wir zurück an die schwarzen Wolken der Finanzkrise, die von Amerika kommend, in den vergangenen Jahren zu einer tiefen weltweiten Wirtschaftskrise führten.

Zur Stabilisierung der Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland waren Bund und Länder gefordert, Konjunkturprogramme aufzulegen, ob durch die Einführung der sog. „Abwrackprämie für PKW`s“ oder arbeitsmarktpolitische Steuerungen bis hin zur Förderung energetischer Sanierungen im kommunalen Bereich.

Auch für den Markt Oberelsbach hieß es schnell handeln. Auf Basis des bereits vorliegenden Konzepts standen im Frühjahr 2009 staatliche Fördermittel aus dem sog. Konjunkturpaket II (Zukunftsinvestitionsgesetz des Bundes und des Freistaats Bayern) zur Verfügung, die den Bau des „Grünen Klassenzimmers“ als Umweltbildungsstätte in Oberelsbach ermöglichen sollten.

Was als staatliche Baumaßnahme wegen fehlender Finanzmittel auf Jahre hinaus kaum eine Chance gehabt hätte, war plötzlich als kommunales Förderprojekt, mit einem Zeitfenster von zwei Jahren, durchführbar.

Von der Idee zum Bau

Für die planerische Realisierung des Projektes „Grünes Klassenzimmer“ waren unter Berücksichtigung des Generalthemas „Der Mensch in seiner Kulturlandschaft“ die Prämissen klar vorgegeben.

Damit verbunden sollten folgende Zielsetzungen sein:

Das neue Haus darf nicht nur funktional Stützpunkt für zwei Schulklassen oder Fachbesuchergruppen sein, es soll

  • die Tradition des Bauens in der Rhön aufnehmen und mit zeitgemäßen Mitteln interpretieren.
  • durch seine Materialwahl – die Rhöner haben früher im wesentlichen mit Stein, Holz und Lehm gebaut - seine Gestaltung und technische Ausstattung einen vorbildlichen Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten.
  • sichtbar und erklärbar machen, wie es im laufenden Betrieb technisch funktioniert.
  • einen architektonisch eigenständigen Charakter haben, damit Bildung für nachhaltige Entwicklungim Biosphärenreservat Rhön mit diesem Haus identifiziert wird.

Für das Vorhaben war ein innerörtliches, ca. 5.100 m² großes gemeindliches Grundstück vorgesehen. Unter Zugrundelegung dieser wesentlichen Vorgaben hatte der Markt Oberelsbach unter Federführung des Büros Schirmer Architekten & Stadtplaner, Veitshöchheim, im Juni 2009 einen einstufigen Europäischen Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach § 3 RPW 2008 ausgelobt. Gegenstand des Wettbewerbs war die Bauwerksplanung für den Bau einer Umweltbildungseinrichtung sowie die Freianlagenplanung für die Freiflächen entsprechend dem Wettbewerbsumgriff. Die Teilnehmerzahl war auf 15 Teilnehmer begrenzt.

Das Preisgericht trat am 05.November 2009 zusammen.

Sieger des Wettbewerbs: Kammerer Architektur und Stadtplanung, Stuttgart

Nach einer öffentlichen Präsentation der Wettbewerbsbeiträge in der Elstalhalle in Oberelsbach, einem Meinungsbildungsprozess in der Ortsbevölkerung, Bietergesprächen (VOF-Verfahren) mit den vier platzierten Wettbewerbsteilnehmern und abschließender Behandlung durch den Marktgemeinderat wurde der Zuschlag an das zweitplazierte Architekturbüro, Stephan Neumahr aus Sindelfingen, erteilt.

Gesamtkosten der Baumaßnahme: rd. 5,45 Millionen Euro

Förderung durch Bund und Land: rd. 5,35 Millionen Euro

Der Markt Oberelsbach als Eigentümer der Umweltbildungsstätte und der Verein Naturpark und Biosphärenreservat Bayerische Rhön e. V. haben gemeinsame eine Betreibergesellschaft mit beschränkter Haftung errichtet. Diese leitet und bewirtschaftet die Einrichtung mit ihren 72 Betten, führt den Beherbergungsbetrieb aus, vermarktet die Umweltbildungseinrichtung und bietet ein umfassendes Umweltbildungsprogramm mit einer Vielzahl von Einzelmodulen an.

Von der Gesellschafterversammlung ist mit Wirkung zum 01. Juni 2012 Herr Bernd Fischer als Geschäftsführer bestellt.

Das junge, motivierte und engagierte Team steht über den Tag hinweg zur Verfügung, wird sich um das leibliche Wohl und den Service kümmern, informieren, Auskünfte erteilen und sich bemühen, den Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten.

Gleiches gilt für die fachpädagogisch geschulten Kräfte des Vereins Naturpark und Biosphärenreservat Bayer. Rhön e. V., welche mit den Besuchern zusammen das facettenreiche Umweltbildungsprogramm innerhalb des Hauses - in den zur Verfügung stehenden Seminarräumen, dem Forum - aber überwiegend in der freien Natur oder im Dorf zu einem einmaligen Erlebnis werden lassen.

Nachhaltiges Wirtschaften sowie Tradition und Brauchtum werden auf spannende Art mitten in einer intakten dörflichen Struktur erfahrbar. Die Themenfelder reichen von Ernährung und Landwirtschaft, über Siedlung und Soziales, nachhaltigen Konsum bis zu Wald und Holzverarbeitung.

­